In den letzten zehn Jahren lagen die Absicherungskosten bei Optionen auf den Nasdaq-100 und den S&P 500® überwiegend auf etwa gleichem Niveau. Seit 2017 sind die Kosten für Nasdaq-100 Optionen im Vergleich zu den Optionen auf den S&P 500 jedoch gestiegen. Ende August [2020] wurden Optionen am Geld mit einer Restlaufzeit von 30 Tagen (30-Tage ATM) auf den Nasdaq-100 mit einer impliziten Volatilität von fast 24 % gehandelt – rund 50 % höher als bei vergleichbaren Optionen auf den S&P 500 (Abbildung 1).
Das Verhältnis der impliziten Volatilität von Nasdaq-100-Optionen und S&P 500-Optionen schwankte im Laufe der Zeit. Seit 2007 betrugen die Kosten für Nasdaq-100-Optionen im Durchschnitt das 1,2-fache der Kosten für Optionen auf den S&P 500-Index. Von 2008 bis Anfang 2017 lagen die Kosten für eine Absicherung mit Optionen für beide Indizes gewöhnlich in etwa auf dem gleichen Niveau. 2020 lag dieses Kostenverhältnis überwiegend bei 1,5 – ein Niveau, das seit 2007 nur an 5 % der Tage erreicht wurde (gleichwohl das derzeitige Niveau während bestimmter Zeiträume in den Jahren 2017 und 2018 übertroffen wurde) (Abbildung 2).
Die im Vergleich zum S&P 500 hohen Absicherungskosten für den Nasdaq-100 spiegeln den Grad der Outperformance des Technologieindex in den letzten Jahren wider, insbesondere seit den Tiefständen des Markts Ende März. Seit Beginn der aktuellen Hausse am 9. März 2009 hat der Nasdaq-100-Index die stärkste Wertentwicklung gezeigt und konnte im Vergleich zu den Tiefständen nach der Finanzkrise um mehr als 1.000 % zulegen. Im Gegensatz dazu sind der S&P 500 und der Russell 2000 um 410 % bzw. 350 % gestiegen (Abbildung 3).
Die Hausse lässt sich in zwei Abschnitte aufteilen. Von 2009 bis Anfang 2014 entwickelten sich alle drei Indizes ähnlich. Das Gros der Abweichungen ergab sich seit Anfang 2015. Und das dürfte für einige der Anleger des Nasdaq-100 Grund zur Besorgnis sein – denn Vertreter der Generation X wie auch die Babyboomer unter ihnen erinnern sich vielleicht, dass es nicht das erste Mal ist, dass der Nasdaq-100 eine solche Outperformance erreicht.
Während der ersten Hälfte der 1990er Jahre hat sich der Nasdaq-100 analog zu den beiden anderen Indizes entwickelt und sie dann in der zweiten Hälfte deutlich übertroffen. Der Nasdaq-100 stieg – ausgehend von den Tiefstständen während der Rezession in den Jahren 1991 und 1992 – um 2.000 % an, während der S&P 500 und der Russell 2000 um 340 % bzw. 240 % zulegten. Nun denken die Anleger vielleicht an das, was darauf folgte: Zwischen Januar 2000 und Ende 2002 fiel der Nasdaq-100 um 85 % (Abbildung 4).
Neben der Outperformance des Nasdaq-100 lassen sich zwischen der aktuellen Situation und dem Ende der 1990er noch weitere Parallelen feststellen:
Derzeit wird der Nasdaq-100 mit dem 67-fachen des rollierenden Gewinns bewertet, nahe dem Höchststand des Jahres 2000. Der Index wird zudem mit einer 40-fachen (auf Einjahressicht) bzw. 30-fachen (auf Zweijahressicht) Gewinnschätzung gehandelt. Selbst wenn sich die Gewinnprognosen bewahrheiten (und im Durchschnitt überschätzen Analysten künftige Gewinne deutlich), erscheint der Nasdaq-100 teuer. Der S&P 500 ist nicht so hoch bewertet (27-facher rollierender Gewinn, 27-facher Gewinn auf Einjahressicht und ein geschätzter 21-facher Gewinn auf Zweijahressicht), doch selbst dieser Index wird nahe den höchsten Kurs-Gewinn-Verhältnissen des Jahres 2000 gehandelt.
Doch gibt es auch einen erheblichen Unterschied zwischen 2000 und 2020. Während die Bewertungskennzahlen der großen Indizes in beiden Jahren ähnlich hoch sind, ist das langfristige Zinsniveau heute weit niedriger. Vor 20 Jahren beliefen sich die Renditen auf 30-jährige Anleihen, welche häufig zur Diskontierung künftiger Gewinne auf die aktuellen Werte genutzt werden, auf 6-7 %. Seit den Tiefstständen der Aktienmärkte im März sind 30-jährige Renditen kaum mehr weit über 1,5 % vorgerückt. Daher könnte man argumentieren, dass Aktien trotz hoher Kurs-Gewinn-Verhältnisse im Vergleich zu Anleihen tatsächlich günstiger sind.
Bei einem KGV auf Einjahressicht von 40 weist der Nasdaq-100 eine Gewinnrendite von 2,5 % auf – deutlich mehr als die 1,5 %, die auf 30-jährige Treasury-Bonds erzielbar sind. Das steht außerdem in deutlichem Kontrast zum Jahr 2000, als die Gewinnrendite des Nasdaq-100 rund ein Viertel der Rendite der langfristigen Staatsanleihen betrug. Daher gibt es keine Garantie, dass das derzeitige Bewertungsniveau von Aktien zu ähnlichen Resultaten führen wird, wie wir sie im Jahrzehnt nach dem Jahr 2000 erlebt haben – ein außergewöhnlich schlechtes für den Aktienmarkt.
Dass der Nasdaq-100 die anderen Indizes in der zweiten Hälfte der 1990er und der 2010er Jahre (wie auch bislang im Jahr 2020) so deutlich übertroffen hat, lag zu großen Teilen daran, dass die Aufwärtsbewegung am Aktienmarkt zunächst auf breiter Basis stattfand – ein Fall von „die Flut hebt alle Boote“ – sich später jedoch auf immer weniger Titel beschränkte. Es ist erstaunlich, wie sehr die Sektoren, die in den 1990er Jahren die stärksten Aktienrenditen verzeichneten, dies auch in den 2010er Jahren und auch bislang im Jahr 2020 getan haben. In allen drei Fällen waren die den Nasdaq-100 dominierenden IT-Titel richtungweisend, gefolgt von Aktien des Konsumgütersektors und des Gesundheitswesens. Dagegen haben sich Energie- und Rohstoffaktien in den 1990er und 2010er Jahren wie auch im bisherigen Jahresverlauf schwächer entwickelt.
Doch sind einige Unterschiede erkennbar: Die Werte des Telekommunikationssektors entwickelten sich in den 1990er Jahren gut, zeigten jedoch in den 2010er Jahren eine Underperformance. Schließlich trieb das durch die Pandemie gesteigerte Interesse an Breitband die Nachfrage nach den Titeln des Sektors wieder in die Höhe. Finanzwerte entwickelten sich in den 1990er Jahren zwar recht gut, litten aber unter den Folgen der globalen Finanzkrise.
Was hat dies mit den relativen Kosten von Optionen auf den Nasdaq-100 gegenüber dem S&P 500 zu tun? Die Antwort liegt in den Erfahrungen des Jahrzehnts dazwischen: 2000 bis 2009. In diesem Zeitraum wurden aus den Marktführern der 1990er Jahre unattraktive Titel – viele der unattraktiven Titel der 1990er Jahre wurden dagegen Marktführer (Abbildung 8). Obwohl 2020 bislang wie eine Fortsetzung der 2010er Jahre scheint und Technologieunternehmen von der Pandemie profitieren, während Energieunternehmen darunter leiden, gibt es keine Garantie, dass die verbleibenden 112 Monate der 2020er Jahre auch nur annähernd so verlaufen wie die ersten acht Monate des Jahrzehnts.
Anleger, die dazu bereit sind, im Vergleich zum S&P 500 50 % mehr für Optionen auf den Nasdaq-100 zu zahlen, denken womöglich an den heftigen Rückschlag, den die Technologiewerte in den 2000er Jahren erlitten hatten. Es ist in der Tat bemerkenswert, wie die überdurchschnittlichen und unterdurchschnittlichen Titel von Jahrzehnt zu Jahrzehnt die Plätze gewechselt haben – sowohl zwischen den 1990er und 2000er Jahren (Abbildung 8) als auch zwischen den 2000er und 2010er Jahren (Abbildung 9).
Doch auch hier sind wichtige Unterschiede erkennbar. Viele der Technologieführer der 1990er generierten nicht genügend Umsätze und machten keinen Gewinn. Die heutigen Technologieunternehmen, die den Nasdaq-100 anführen, weisen hingegen extrem hohe Umsätze und Gewinne vor. Dennoch ist kein Unternehmen unendlich viel Geld wert, und selbst die stärksten Akteure könnten beeinträchtigt werden, wenn sich das Ökosystem oder die Wirtschaft, in der sie agieren, nicht positiv entwickelt. Des Weiteren werden viele Technologieführer des Nasdaq-100 mittlerweile genauer unter die Lupe genommen – ihre Marktdominanz hat Rufe nach einer stärkeren Regulierung laut werden lassen. Diese Faktoren dürften die Bereitschaft der Anleger erklären, für die Absicherung des Nasdaq-100 mehr zu zahlen als bei anderen Indizes.
Zu guter Letzt konzentriert sich die Aufwärtsbewegung der Aktien heute wie schon in den späten 1990er Jahren zunehmend auf wenige Titel, und der Anstieg findet in einem Umfeld anziehender Credit Spreads und steigender impliziter Volatilität statt. Zwar sind Credit Spreads und Volatilität natürlich weit entfernt von ihren Höchstständen im März. Dennoch ist bemerkenswert, dass die Credit Spreads trotz rekordverdächtiger Aktienkurse und dem erstmaligen Kauf von Unternehmensanleihen durch die US Federal Reserve heute deutlich über den Niveaus von 2017-2019 liegen. Ungeachtet der Aktienindizes, die auf neue Höchststände klettern, liegen auch die Volatilitätsindizes deutlich über ihren vorherigen Tiefstständen.
Vor den Höchstständen am Aktienmarkt zeigten sich in den 1990er Jahren und 2007 höhere Tiefststände bei Credit Spreads und Volatilität (Abbildungen 10-13). Die Tatsache, dass sich sowohl bei Credit Spreads als auch der Volatilität erneut höhere Tiefstständen ausprägen (Abbildungen 14 und 15), könnte zur Nervosität der in den Technologieunternehmen des Nasdaq-100 investierten Anleger beitragen.
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Erik Norland ist Executive Director und Senior Economist der CME Group und somit für die wirtschaftlichen Analysen der globalen Finanzmärkte verantwortlich. Dabei identifiziert er aufkommende Trends, bewertet wirtschaftliche Faktoren und prognostiziert deren Auswirkungen auf die CME Group und ihre Geschäftsstrategie sowie auf die Anleger, die an den verschiedenen Märkten des Unternehmens handeln. Er ist außerdem einer der Sprecher der CME Group für Themen, die die globale wirtschaftliche, finanzielle und geopolitische Lage betreffen.
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